Recruiting mit Klimaschutz und Kultur
Der Fachkräftemangel ist schon länger eine große Herausforderung für das Gastgewerbe. Die Corona-Pandemie hat die Lage noch weiter verschärft. Darum sind nun neue Konzepte für die Mitarbeitergewinnung gefragt – dabei spielt auch der Klimawandel eine Rolle. Beim sechsten Netzwerktreffen des Effizienztischs „energiekonsens Hotellerie“ ging es deshalb um Unternehmenskultur und die Bedeutung von Nachhaltigkeit im Recruiting.
„Die Bindung an das Unternehmen ist das Allerwichtigste“, stellte Tim Langer, Direktor des Atlantic Hotel Airport fest. „Das Thema Mitarbeitermarketing war schon vor Corona heiß, jetzt ist es brandheiß.“ Neben der zunehmenden Bedeutung der Work-Life-Balance ist es den Menschen immer wichtiger, welche Werte ein Unternehmen vertritt. Viele, vor allem junge Menschen, schauen, wie potenzielle Arbeitgeber beim Klima- und Umweltschutz aufgestellt sind.
Eine nachhaltige Unternehmens-Philosophie hilft nicht nur bei der Gewinnung von Mitarbeitenden, sondern fördert auch über den Betrieb hinaus den Klimaschutz, wie Hans Jaich, Mitinhaber der Hotels im-Jaich in Bremerhaven, deutlich machte. Er ist nicht nur Hotelier, sondern auch Wissenschaftler und hat untersucht, ob Umweltschutznormen in Unternehmen auch das private Handeln der Mitarbeitenden beeinflussen. Sein Resümee: „Da ist echt was passiert.“ Ein Experiment habe deutlich gezeigt, dass sich nachhaltiges berufliches Handeln auch auf das Privatleben auswirkt.
Klimaschutz: "Mit guten Beispiel vorangehen"
Auch bei Gästen sei das Bewusstsein für ökologisches Handeln gewachsen, berichteten die Hoteliers. „Sie bemerken und honorieren unsere Bemühungen. Das sehen wir auch bei Bewertungen und wir bekommen auch gute Hinweise von Seiten der Gäste“, so Rüdiger Magowsky, Hausleitung des im-Jaich in Bremerhaven. Das Haus hat bereits durch uns eine CO₂-Bilanz erstellen lassen und setzt seit etlichen Jahren Maßnahmen für mehr Klima- und Umweltschutz im Betriebsalltag um. „Der beste Weg, um etwas voranzubringen, ist immer: Mit gutem Beispiel vorangehen“, findet Magowsky. Nun steht das Thema auch bei anderen auf der Agenda: „Hoteliers stellt sich nicht mehr die Frage, ob es gemacht wird, sondern wann“, meinte Alexander Skibbe, Direktor des Steigenberger.
Werte nachhaltig verankern
Mit einer weiteren Aspekt der Nachhaltigkeit befasst sich die Hotelkette Upstalsboom seit einigen Jahren: „Wir wollen die Menschen, die bei uns arbeiten, stärken und weiterentwickeln“, sagte Carsten Helms, Upstalsboom Kultur & Entwicklung GmbH, in seinem Vortrag während des Treffens. Das Unternehmen betreibt zehn Hotels und rund 600 Ferienwohnungen in Norddeutschland und will für eine Kultur der klaren Werte stehen. Die etwa 600 Mitarbeitenden sollen sich Helms zufolge alle gleichberechtigt auf Augenhöhe begegnen und einen offenen Austausch pflegen.
Mit Arbeitsgruppen, regelmäßigen Diskussionstreffen mit mehr als 100 Mitarbeitenden und auch im Arbeitsalltag. „Bei Vorgaben gibt es immer Widerstände, aber dadurch, dass wir uns Zeit nehmen und miteinander sprechen, erwächst eine ganz andere Überzeugung“, so Helms. „Wir wollen einen möglichst großen Konsens erreichen. Das ist zeitaufwendig und anstrengend. Aber es lohnt sich, wenn wir so Widerstände abbauen, die ja auch Ressourcen zehren.“
Gemeinsam beschlossen - konsequent umgesetzt
Bei Upstalsboom sollen Entscheidungen dort getroffen werden, wo es am meisten Sinn macht, Teams verfügen laut Helms über eine recht hohe Autonomie. Im Extremfall können sie sogar ihr Gehalt selbst bestimmen. „Durch diese Arbeitsweise erwarten wir aber, dass Dinge, die beschlossen sind, auch umgesetzt werden.“ Helms verschweigt nicht, dass Konflikte nicht ausbleiben: „Eine ganze Reihe unserer Führungskräfte war nach der Umstellung nicht bereit, diesen Weg zu gehen und hat uns verlassen. Das ist auch völlig in Ordnung, schließlich soll unser Spirit authentisch in der täglichen Arbeit gelebt werden.“
Wer bei Upstalsboom anheuert, weiß aber, was ihn erwartet und sollte sich mit der Philosophie identifizieren können. Das scheint zu funktionieren: „Wir sind damit auch beim Recruiting sehr erfolgreich“, berichtet Helms.
Künftig soll die Ökologie noch stärker in den Fokus genommen werden, denn Upstalsboom will eine Stiftung werden, deren zentraler Zweck und Motto lautet: „Menschen stärken, Umwelt schonen“. Auch beim Klimaschutz hat das Unternehmen eine besondere Perspektive: „Wir wollen nicht einfach nur unseren CO₂-Fußabdruck verkleinern, sondern nutzen das Bild des Handabdrucks, der durch positives Verhalten immer größer wird. Denn während der schrumpfende Fußabdruck endlich ist und irgendwann bei null ankommt, können wir unseren positiven Handabdruck immer weiter vergrößern.“
Über das Projekt
Das Projekt „Bremer Unternehmen sparen CO₂“ wird gefördert aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Investition in Bremens Zukunft sowie aus Mitteln der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Projektträger ist energiekonsens, die gemeinnützige Klimaschutzagentur für Bremen und Bremerhaven.
Kooperationspartner: