Online-Reihe gestartet: Wie kann Bremen klimaneutral werden?
Über 150 Stadtentwickler, Wissenschaftler, Studierende und Interessierte haben vergangenen Donnerstag an der Online-Veranstaltung „Stadtentwicklung im Klimaschutz: Von Teilansätzen zur urbanen Transformation?“ teilgenommen, um gemeinsam mit Fachexperten Strategien für Bremens nachhaltige Quartiersentwicklung zu finden. Die gemeinsame Veranstaltung der gemeinnützigen Klimaschutzagentur energiekonsens, der Hochschule Bremen, dem Bund Deutscher Architekten und der Architektenkammer Bremen fand im Zuge der Online-Reihe „Klimaneutrale Stadt: Perspektiven für die Stadtentwicklung“ statt – weitere drei Termine folgen. Staatsrat Ronny Meyer begrüßte das Veranstaltungsformat und richtete sich per Videobotschaft an Teilnehmende und Veranstalter.
Bremen, 19. April 2021. „Bremen hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Ein Rückgang unserer Treibhausgasemissionen um 80 Prozent bis 2030 – das haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart“, äußerte sich Ronny Meyer, Staatsrat für Klimaschutz, Umwelt und Mobilität zu Anfang der Veranstaltung. „Stadtentwicklung spielt hier eine entscheidende Rolle, denn sie prägt die Strukturen der kommenden Jahrzehnte und somit auch die Strukturen einer klimaneutralen Gesellschaft.“ Wie genau Strategien der Stadtentwicklung Einfluss auf die CO₂-Emissionen haben können, zeigten Referenten aus den Kommunen Heilbronn, Heidelberg und Berlin während der Veranstaltung.
Klimafreundliche Quartiersgestaltung: Vorzeigeprojekte anderer Kommunen
In einem ersten Vortrag berichtete Christoph Czolbe vom Stadtplanungsamt Heidelberg von den Erfolgen im Projekt „Bahnstadt Heidelberg“, das als weltweit größte Passivhaussiedlung gilt. Bei der Planung dieses neuen Stadtteils auf der über 100 Hektar großen Fläche des ehemaligen Güterbahnhofs wurden konsequent Nachhaltigkeitsaspekte verfolgt und von der Stadt vorangetrieben. Neben den hohen Gebäudestandards spielen beispielsweise Photovoltaik, Dach- und Fassadenbegrünung und nachhaltige Mobilitätsangebote eine Rolle. Für den Erfolg auschlaggebend sind laut Czolbe neben engagierten Planern ein klares Bekenntnis der Stadtspitze, Stadtpolitik und auch Stadtgesellschaft.
Im Anschluss stellte Referent Jan Fries, Leiter des Amts für Liegenschaften und Stadterneuerung Heilbronn mit dem Projekt Neckarbogen in Heilbronn ein weiteres Stadtquartier vor, in dem zahlreiche Nachhaltigkeitsstandards durch die Kommune festgesetzt und umgesetzt wurden. Auf dem Areal, auf dem 2019 die Bundesgartenschau stattfand, steht nun unter anderem das bisher höchstes Gebäude in Holzhybridbauweise.
Wie transformative Stadtentwicklung aussehen kann, zeigte Dr. habil. Fritz Reusswig vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) e. V. am Beispiel Berlin und nahm dabei die soziologische Sichtweise ein. Das Beispiel Berlin verdeutliche, dass auch eine weniger wohlhabende Kommune in kurzer Zeit den Weg zu einer klimagerechten Stadt erfolgreich gehen kann und dies in unterschiedlichen politischen Konstellationen funktioniert. Die ambitionierten Klimaziele Berlins sollen unter anderem erreicht werden durch Sanierungskonzepte für öffentliche Gebäude, eine klimaneutrale Verwaltung, die Umstellung auf eine fossilfreie Fernwärmeversorgung, eine Solarpflicht für Dachflächen und den Umstieg auf CO₂-freie Fahrzeuge im öffentlichen Fuhrpark. Dafür wurde bereits ein umfangreiches Monitoring und Controlling eingeführt.
Bremen muss die Transformation zur klimaneutralen Stadt konsequent vorantreiben
In der anschließenden Podiumsdiskussion wurde deutlich, dass Bremen aus den vorgestellten Best-Practice Beispielen viele Impulse mitnehmen kann. Zu den Podiumsgästen gehörten Martin Pampus vom Bund Deutscher Architekten im Lande Bremen und Oliver Platz, Präsident der Architektenkammer Bremen. Die angesprochenen Themen seien in den Köpfen der Architektenschaft bereits angekommen, so Oliver Platz. Er sieht die Umsetzung in der Praxis jedoch unter anderem beim Einsatz von recycelten Baustoffen gehindert. Martin Pampus bestärkte diese Sicht, hier müssten auf Gesetzesebene Hemmnisse für klimafreundliches Bauen abgebaut werden. Christoph Czolbe und Jan Fries unterstrichen in ihren Beiträgen erneut die Notwendigkeit von Kommunen sich zur Klimaneutralität zu bekennen. Die Stadt müsse dabei den Spagat schaffen, einerseits klare Vorgaben in Form von konkreten Standards festzulegen sowie auf der anderen Seite eine gewisse Offenheit zu bewahren, um gemeinsam neue Lösungswege mit den jeweiligen Projektpartnern zu entwickeln.
Für eine transformative Stadtentwicklung mit Ausrichtung auf Klimaneutralität benötige es eine hohe Anpassungsfähigkeit des politischen Systems, aber auch der Gesellschaft, so Fritz Reusswig. Hochschulprofessor und Moderator der Veranstaltung, Ingo Lütkemeyer fasste zusammen: „Es geht nicht nur um Klimaneutralität, sondern auch um Lebensqualität.“
Fortsetzung Veranstaltungsreihe: Wärmewende, Mobilitätswandel und Ressourcenschutz
Ursprünglich als ganztägiges Symposium mit Workshops im Jahr 2020 geplant, umfasst das Online-Format nun noch drei weitere Termine, die sich jeweils mit Teilaspekten der Stadtentwicklung befassen. „Wir freuen uns über das hohe Interesse an der Veranstaltungsreihe und über die zahlreiche Teilnahme lokaler Akteure aus Kommune und Verbänden“, äußert sich Martin Grocholl, Geschäftsführer der Klimaschutzagentur energiekonsens. „Es ist dringend notwendig auf klimafreundlichen Strukturen in der Stadtentwicklung aufzubauen und jetzt die Grundlagen für ein klimaneutrales Bremen zu schaffen. Wir sind gespannt auf die weiteren Diskussionen und hoffen, Prozesse auf diesem Wege anschieben und durch den Austausch mit anderen Kommunen erleichtern zu können.“
Die weiteren Termine finden statt am:
- 22.04.21 – Was bedeutet die Wärmewende für die Stadtentwicklung?
- 29.04.21 – Nachhaltige Mobilität für die Stadt
- 06.05.21 – Ressourcenschonende Gebäudekonzepte
Die Teilnahme an einzelnen Veranstaltungen kostet 30 Euro, Studierende haben kostenfreien Zugang.