Nachjustierung des Mieterstromgesetzes erforderlich

Seit über einem Jahr ist es in Kraft – das Mieterstromgesetz. Es soll Mietern den Zugang zu preiswertem und klimafreundlichem Strom eröffnen, indem der Betrieb von Photovoltaikanlagen auf Dächern von Mehrfamilienhäusern staatlich gefördert wird. energiekonsens hat gemeinsam mit Vertretern der Energieversorgungs- und Wohnungswirtschaft sowie des Deutschen Mieterbund e.V. eine erste Bilanz gezogen. Das Ergebnis: Das Gesetz muss nachgerüstet werden.

Zur Fachveranstaltung am 17. Oktober eingeladen waren auch Projektverantwortliche aus den betroffenen Branchen und der Politik sowie Planer und Energieberater. Sie erfuhren: Wie in vielen anderen Städten auch, gibt es in Bremen und Bremerhaven kaum Photovoltaik-Mieterstromprojekte. Damit ist man vom ausgerufenen Ziel, mit dem Gesetz die Energiewende in Ballungsgebieten voranzubringen, weit entfernt. „Wir wollen mit Ihnen diskutieren, warum das so ist, und welche Rahmenbedingungen es braucht, um das vorhandene Solarstrom-Potenzial auf städtischen Dächern zu nutzen“, erklärte Martin Grocholl, Geschäftsführer der Klimaschutzagentur energiekonsens, seinen Gästen. Unter ihnen war auch eine Expertin für dezentrale Strom- und Wärmeversorgung – Annegret-Claudine Agricola von der Berliner Energieagentur GmbH, die bereits einige PV-Mieterstromprojekte umgesetzt hat. Das Prinzip ist einfach: Ein Vermieter oder ein externer Energiedienstleister, der Dachfläche pachtet, errichtet eine Photovoltaikanlage für ein Mehrfamilienhaus und verkauft den vor Ort erzeugten, bezuschussten Strom an die Mieter – und zwar zu einem Preis, der unter dem örtlichen Grundversorgungstarif liegt. „Wer bei seinem alten Stromanbieter bleiben möchte, kann das selbstverständlich tun. Deshalb sind entsprechende Netzanschlüsse und ein komplexes Zählerwesen notwendig“, sagte Annegret-Claudine Agricola. Ob sich eine solche Investition für die Wohnungswirtschaft oder private Vermieter lohne, hänge von der Größe der Dachfläche und der Anzahl der Parteien im Haus ab, betonte sie. „Für Bauten mit bis zu sechs Wohneinheiten ist der Aufwand in der Regel zu groß und die Kosten sind zu hoch. Denn Anbieter von selbsterzeugtem Strom haben steuerliche Nachteile und auch der Ankauf von Zusatzstrom für Zeiten, in denen die Sonne nicht scheint, kann für sie teuer werden.“ Trotzdem, so Annegret-Claudine Agricola, biete das Mieterstromgesetz aus ihrer Sicht eine gute Chance für den Einzug von Erneuerbarer Energie in die Stadt. „Es ist kein Massenprodukt, aber es funktioniert und wird von Mietern gut angenommen.“

Steuerliche und bürokratische Hürden beseitigen

Stefan Fölsch von der GEWOBA Energie GmbH machte die Sicht der Wohnungswirtschaft auf das Gesetz deutlich: „Es ist schwierig mit Photovoltaik ein Mieterstromprojekt im Bestand umzusetzen, das eine Rendite über 4 Prozent erzielt. Aber erst dann ist es für uns wirtschaftlich“. Deshalb setze sein Unternehmen in Mietshäusern auf umweltfreundliche Kraft-Wärme-Kopplung zur Energieerzeugung. „Die weitere Entwicklung im PV-Bereich behalten wir aber im Blick“, betonte er. Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund e.V. mahnte, die Mieter bei einer Bewertung nicht außer Acht zu lassen. „Wenn sie von dem Gesetz profitieren sollen, muss Mieterstrom wie Eigenstrom gefördert werden. Das heißt, es darf keine EEG-Umlage erhoben werden, wie es derzeit der Fall ist, oder die Zuschüsse zum Mieterstrom sind entsprechend anzuheben. Nur so können sich handfeste finanzielle Vorteile für die Stromabnehmer ergeben.“ Eine Erkenntnis aus der Veranstaltung, die alle teilten: Es gilt noch einige steuerliche und bürokratische Hürden im Gesetz zu beseitigen, damit die Umsetzung von Mieterstrom-Modellen nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll für Mieter und Vermieter ist.