Gegen den Fachkräftemangel: Zusatzqualifikation Energieberatung im Architektur-Studium
Der Schlüssel zum Gelingen der Energiewende liegt in der energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden, doch die Sanierungsrate liegt seit Jahren deutlich unter dem erforderlichen Niveau. Ein Grund hierfür ist der Mangel an qualifizierten Energieberater*innen. Um diesem Mangel entgegenzuwirken, hat die Hochschule Bremen (HSB) gemeinsam mit der Klimaschutzagentur energiekonsens zum Wintersemester 2023/2024 das Wahlmodul „Zusatzqualifikation Energieberatung Wohngebäude“ für Architektur-Studierende ins Leben gerufen. Die ersten 21 Master-Studierenden stehen kurz vor Abschluss dieser Fortbildung.
Wer sein Haus umfassend sanieren möchte, muss viele Aspekte in den Blick nehmen und aufeinander abstimmen: Dämmung, Fassadengestaltung, Raumklima, Heizung, Warmwasser, Lüftung, Fördermittel und rechtliche Vorgaben. Um ein bestmögliches Ergebnis zu erhalten und Bauschäden zu vermeiden, lohnt die Beauftragung eines Sanierungskonzeptes durch ein Energieberatungsbüro. Wie solch ein Sanierungskonzept aussehen kann, präsentierten die HSB-Studierenden des Master-Wahlmoduls „Zusatzqualifikation Energieberatung Wohngebäude“ während ihrer Zwischenpräsentation an der Hochschule Bremen an realen Bestandsgebäuden.
„Die Verbindung von Energieberatung mit dem Studienbereich Architektur ist ein großer Gewinn, da diese Berufsgruppe es leisten kann, Sanierungskonzepte auch mit dem erforderlichen konstruktiven Sachverstand und gestalterischen Feingefühl zu entwickeln“, erläutert Michaela Hoppe, Professorin für klimagerechte Architektur an der HSB. „Mit Abschluss des Wahlmoduls und Bestehen einer Zusatzprüfung haben die Studierenden nun die Möglichkeit sich als zertifizierte Energieberater*innen in der bundesweiten Energieeffizienz-Expertenliste eintragen zu lassen.“ Diese Eintragung ist Voraussetzung für die Tätigkeit als Energieberater*in und die Ausstellung von Energieausweisen.
Das eröffnet den Studierenden neue Wege: "Ich habe das Modul hauptsächlich belegt, weil ich generell mehr über energieeffizientes Bauen und vor allem Sanieren lernen wollte. Im Laufe des Kurses habe ich allerdings festgestellt, dass Energieberatung vor allem in Verbindung mit Architektur eine durchaus gute Berufsoption ist“, sagt Rita Brenner Architektur-Studentin an der HSB. „So oder so werde ich das Gelernte definitiv in meinen zukünftigen Entwürfen anwenden."
Im Austausch mit Fachexpert*innen
Neben der Vermittlung von Fachwissen, dem Umgang mit einer professionellen Energieberatersoftware und der Entwicklung eigener Sanierungskonzepte umfasst das Wahlmodul auch den direkten Austausch zu Energieberater*innen aus der Region. „Mit einem ‚Energieberatungs-Speed-Dating‘ konnten die Studierende direktes Feedback zu ihren Sanierungskonzepten von praktizierenden Energieberater*innen erhalten“, erläutert Bernd Langer, stellvertretender Geschäftsführer der Klimaschutzagentur energiekonsens und assoziierter Lehrbeauftragter für Gebäudetechnik im Wahlmodul. Wie Beratungsgespräche in der Praxis aussehen, erfuhren die Studierenden zudem auf den Bremer Altbautagen. Bei der von energiekonsens ausgerichteten Sanierungsmesse durften sie an den Beratungsgesprächen mehrerer Energieberater*innen mit den Messebesuchenden teilnehmen und erfuhren so von typischen Fragestellungen und konkreten Beispielen aus der Praxis.
„Schon jetzt merken wir, dass die Wärmewende aufgrund von Fachkräftemangel ins Stocken gerät“, so Langer. „Die fächerübergreifende Qualifizierung gleich beim Studium und die Verbindung von Lehre und Praxis ist daher ein wegweisender Schritt, um diese Herausforderung zu stemmen.“ Bislang findet diese Verknüpfung nur an wenigen Hochschulen im Bundesgebiet statt – das Wahlmodul an der HSB könnte damit ein Vorbild für Architektur-Studiengänge anderer Universitäten und Hochschulen sein. Für HSB und energiekonsens steht fest: Im Wintersemester wird die Zusatzqualifikation erneut im Lehrplan angeboten.