Das grüne Null-Emissionsquartier - Zukunft von Quartieren gestalten
Teilnehmende des 8. Bremerhavener Bauforums formen Ideen für energetischen Umbau von Stadtquartieren in Bremerhaven
Beim 8. Bremerhavener Bauforum diskutierten die Teilnehmenden gemeinsam mit Vertreterinnen der Stadt darüber, wie wir klimafreundliche und lebenswerte Quartiere schaffen können. Unter dem Titel „Das grüne Null-Emissionsquartier“ wurde der erfolgreiche energetische Umbau einer Großwohnsiedlung in Potsdam beleuchtet. Das Vorzeigeprojekt regte mit vielfältigen Impulsen die anschließende Diskussion an, bei der Bauschaffende und andere Teilnehmende die Ideen für den Standort Bremerhaven aufnahmen.
Am Beispiel der „Gartenstadt Drewitz“ zeigte Referent Carsten Hagenau, wie eine alte DDR-Plattenbausiedlung energetisch und sozialverträglich saniert und damit in ein klimafreundliches und grünes Quartier umgewandelt wurde, das bis 2050 emissionsfrei sein soll.
„Der energetische Umbau des Quartiers ist dabei mehr als die Summe der sanierten und neu gedämmten Gebäude“, sagt Carsten Hagenau und verweist auf das umfassende Konzept, das außerdem die Energieversorgung, die Infrastruktur, die Freiflächen und die Mobilität im Quartier einschließt. So wird die Siedlung seit 2017 mit Fernwärme aus erneuerbaren Energien versorgt. Der öffentliche Raum und die Innenhöfe der Gebäudekomplexe wurden neu strukturiert und für vielfältige Nutzungen der Bewohnerinnen und Bewohner geöffnet. Die Mieterinnen und Mieter haben die Möglichkeit, eigene Gemüsegärten anzulegen und im gesamten Quartier gibt es mehr Grün. Kernstück der Neugestaltung: Die mehrspurige Hauptverkehrsstraße, die durch das Quartier führte, wurde in einen Park umgewandelt. Dadurch wurde nicht nur der Verkehr und Lärm reduziert, sondern die ehemaligen versiegelten Straßen und Stellplätze dienen nun als Grünflächen der Erholung der Bewohnerinnen und Bewohner, zum Spielen und als Begegnungsort. Der Park wird aktuell durch eine weitere Querachse zum „Grünen Kreuz“ erweitert, wobei auch ein neuer zentraler Treffpunkt im Quartier entstehen soll.
Auch soziale Aspekte spielen bei der Quartiersentwicklung eine Rolle, deshalb fiel ein großer Schwerpunkt des Projekts auf die Gestaltung des Wohnumfelds. „Die Menschen, die es ohnehin schlecht haben, sollten nicht auch noch im schlechtesten Wohngebiet leben müssen“, so Hagenau. Zudem ist der Wohnkomfort durch die energetische Sanierung mit barrierefreien Zugängen erhöht worden bei gleichzeitiger Sicherung günstiger Mieten.
Mit dem mutigen Plan wurde aus dem städtebaulich schwierigen Plattenbau ein grüner und lebenswerter Stadtteil erschaffen. Das attraktivere Wohnumfeld habe dabei auch zur Identifikation seiner Bewohner beigetragen. Die Projektbeteiligten attestieren eine sich verbesserte Atmosphäre in Drewitz. Die Zufriedenheit der Bewohner im Quartier sei gesteigert und das Image des Stadtteils verbessert worden. Ein wesentlicher Baustein in der Planung sei dabei die Beteiligung der vor Ort lebenden Menschen gewesen. Allein zur Gestaltung des Parks gab es vorab 64 Veranstaltungen, in denen Anwohnerinnen und Anwohner sich beteiligen und ihre Ideen und Wünsche äußern konnten.
Die aktive Mitgestaltung bei Planungsprozessen wurde in der anschließenden Diskussion auch von Teilnehmenden aus dem Publikum für die Stadtentwicklung in Bremerhaven gefordert. Die Leiterin des Stadtplanungsamts, Carolin Kountchev, und Stadträtin Dr. Jeanne-Marie Ehbauer standen den Fragen aus dem Publikum Rede und Antwort und diskutierten darüber, welche Ansätze man auf die Entwicklung von Quartieren in Bremerhaven übertragen könnte. Auch bei den aktuellen Stadtteilentwicklungsprojekten in Bremerhaven spiele die Gestaltung der öffentlichen Grünflächen, der Ausbau von Fußgänger- und Fahrradwegen sowie die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger eine große Rolle. „Es gibt noch viel zu tun“, so Kountchev, die in Bremerhaven neben klimafreundlichen Quartieren auch attraktive öffentliche Räume gestalten und insbesondere die Zugänge zum Wasser und sichere Wege für Fußgänger und Radfahrer schaffen will. Aktuell in Planung befindliche Projekte wie im Fischereihafen und auf dem Kistner-Gelände wurden im Vorfeld gemeinsam mit dem Referenten Carsten Hagenau, Carolin Kountchev und Heinfried Becker von energiekonsens besucht.
Insgesamt zeigte die Veranstaltung deutlich, dass die Zukunft von Stadtquartieren ganzheitlich betrachtet werden muss – und unter breiter Beteiligung verschiedener Akteure der Stadtgesellschaft.
Klimastadt:bauen! ist ein Projekt der Klimastadt Arbeitsgemeinschaft - Bauen und Sanieren. Die Veranstaltungsreihe will allen Bauschaffenden in Bremerhaven ein Forum bieten, um für das Thema zu sensibilisieren, sich zu informieren, sich auszutauschen und Mitstreiter für mehr Klimaschutz zu finden. Daher richtet sich die Veranstaltungsreihe sowohl an Fachleute wie auch interessierte Bürger. Seit 2015 wird die Veranstaltungsreihe von energiekonsens, Bund Deutscher Architekten (BDA), der Bremer Aufbau-Bank und der Hochschule Bremerhaven organisiert, Schirmherrin der Veranstaltungsreihe ist Baudezernentin Dr. Jeanne-Marie Ehbauer. Finanziell gefördert wird die Reihe durch das Projekt „Kurs Klimastadt“.