Die Herstellung von Keramikfliesen benötigt eine Menge Energie. Zurzeit stammt diese hauptsächlich aus dem fossilen Brennstoff Erdgas. Die Deutsche Steinzeug Solar Ceramics mit ihrem Werk im Bremerhavener Fischereihafen will nun ihre Energie selbst produzieren - aus Solarstrom. Das Ziel ist die sogenannte grüne Fliese.
Bremerhaven ist dabei das Pilotprojekt für die gesamte Gruppe. „Geplant ist, drei Fassaden des Werks, Westen, Süden und Osten, mit Solarmodulen mit einer Gesamtleistung von etwa. 1,3 MWp zu versehen“, sagt der Technische Leiter Thomas Seubert. Insgesamt kommt das Werk, inklusive Photovoltaik auf den Dächern, dann auf eine Leistung von vier bis fünf Megawatt Peak.
Anfang Juni ist das Projekt gestartet: an der Südfassade. Dort werden derzeit 270 Module angebracht – zehn Reihen mit jeweils 27 Modulen. Am Ende steht hier eine Leistung von 118,9 Kilowatt Peak. „Eigentlich sollte ja die gesamte Fassade verkleidet werden. Doch das ging letztlich nicht“, erzählt Seubert. Grund dafür sind die Windverhältnisse in Bremerhaven. Deshalb müssen die Module einen Abstand von fünf Metern zur Kante halten. Die Solarmodule stammen übrigens von der Meta Wolf AG. Diese hatte über ihre Tochtergesellschaft, die Norddeutsche Solar Ceramics (der Vorgängerin der Deutschen Steinzeug Solar Ceramics), das damalige Nordceram-Werk übernommen.
Heinfried Becker (rechts) und Bernd Langer (2. von links) von energiekonsens lassen sich von Kevin Düster (links), Thomas Seubert und Peter Jetz über das Projekt der Deutschen Steingut Solar Ceramics informieren. Foto: Schimanke/energiekonsens
Wasserdichte Module
Zum Einsatz kommen 440-Watt-Module, die über eine spezielle Rahmenversiegelung verfügen. „Das ist wichtig, denn so kann keine Feuchtigkeit eindringen“, sagt der Technische Leiter. Immerhin gibt es auch 30 Jahre Garantie auf diese Module. Und auch danach sollen sie noch 91 Prozent ihrer Leistungsfähigkeit behalten. Das Anbringen der Module stellt die Verantwortlichen vor eine besondere Herausforderung – wegen des Untergrunds. Hier wird nun ein spezieller Steiger mit Raupenantrieb eingesetzt, der alle Unebenheiten ausgleichen kann. So wird sichergestellt, dass alle Solarmodule in Waage angebracht werden können, sodass am Ende eine ebene Fläche wie bei einem Schachbrett entsteht. Wenn das erste Stück an der Südfassade fertiggestellt ist, soll die Ostseite an die Reihe kommen. „Dort ist der Untergrund besser, sodass wir wohl wieder mit eigenen Mitteln arbeiten können“, meint Seubert. Die Fassadenverkleidung soll Ende 2026 abgeschlossen sein.
Nur Nordfassade bleibt frei
Die Nordfassade des Fliesenwerks bekommt keine Solarmodule. Das würde sich von der Stromausbeute nicht lohnen, meint der Technische Leiter. Dafür sollen aber Module auf dem Dach installiert werden – wegen der Witterungsverhältnisse am Standort ebenfalls eine Herausforderung. Zum Einsatz sollen hier spezielle rahmenlose Leichtbau-Solarmodule kommen, nicht in Glas-Glas-, sondern in Glas-Folien-Bauweise.
Insgesamt rechnet die Deutsche Steinzeug Solar Ceramics mit einer Investition von mehr als 2,5 Millionen Euro – bisher ohne Fördergelder. „Wir werden die gesamte erzeugte Energie im Werk verbrauchen und nichts ins Netz einspeisen“, sagt Geschäftsführer Peter Jetz. Benötigt werde auch ein Batteriespeicher. Und auch dann wird die Energie wohl nicht komplett reichen. Immerhin benötigt das Werk mit seinen drei Öfen 3.200 Kilowatt pro Stunde. „Wir hätten gerne noch auf einer Freifläche weitere Solarmodule aufgestellt, doch das war nicht möglich. Auch Werkshallen benachbarter Firmen nützen nichts, da keine Stromleitung unter der Straße verlegt werden darf“, bedauert Jetz. Das Werk Bremerhaven ist derzeit das Leuchtturmprojekt der Deutsche Steinzeug Solar Ceramics. Schließlich sollen alle Werke umgerüstet werden. „Ziel ist es CO2- neutral zu produzieren“, betont Jetz.
Bekenntnis zum Standort
Das Projekt in Bremerhaven ist aber auch gleichzeitig ein Bekenntnis zum Standort. „Unsere Mitarbeiter sehen das durchaus als positives Zeichen, nachdem es nach der Insolvenz der Nordceram Unsicherheiten gegeben hatte“, sagt Jetz. Dadurch, dass das Werk nun quasi zu einem Sonnenkraftwerk wird, macht es gleichzeitig Werbung für diese Energieform. Zudem werden in der Fliesenausstellung im Obergeschoss nun auch die Solarmodule der Muttergesellschaft Meta Wolf ausgestellt. „Es ist beeindruckend, mit welcher Entschlossenheit und welchem unternehmerischen Mut die Deutsche Steinzeug Solar Ceramics den Weg zur Dekarbonisierung beschreitet und mit ihrem Werk in Bremerhaven ein wegweisendes Pilotprojekt realisiert“, sagt Heinfried Becker, Büroleiter der Klimaschutzagentur energiekonsens in Bremerhaven. „Damit setzen sie ein starkes Signal – gerade für energieintensive Unternehmen – und zeigen, wie die Industrie als Vorbild für mehr Klimaschutz vorangehen kann."
Dieser Text erschien ursprünglich im Klimajournal zum Bremerhavener Energie- und Klimastadttag am7. September 2025/ Autor Christoph Bohn